22 Aug Schubladendenken • Die Lösung oder eine Illusion?
In welche Schublade stecken wir andere Personen?
Vor Kurzem entstand auf einem meiner Kommunikations-Workshops eine lebhafte Diskussion zwischen den Teilnehmenden darüber, wie wir unser Gegenüber gut verstehen können und wie VERTRAUEN entsteht.
‚Vertrauen ist etwas, das vor allem durch gute Erfahrungen miteinander entsteht‘, war eine Aussage einer Teilnehmerin, die direkt Zustimmung erntete.
Ich brachte den Aspekt ein, dass wir sogar ohne lange Erfahrung miteinander, also schon beim ersten Eindruck ein Gespür dafür haben, ob wir einer Person vertrauen oder nicht.
Blitzschnell haben wir einen ersten EINDRUCK voneinander, ob wir das wollen oder nicht.
Und so fangen wir an, uns ein Urteil über die andere Person zu erlauben, ein Bild entstehen zu lassen. Das liegt in unserer Natur, denn wir schaffen uns so Orientierung und Fokus.
Und das, so bringt ein anderer Teilnehmer in die Gruppe ein, kann ich als Sortierung in verschiedene Schubladen abbilden, es gibt mir auch Sicherheit.
Da regt sich Unmut bei einer Teilnehmerin der Workshop-Gruppe: ‚Habe ich ein Recht dazu, die andere Person in eine Schublade zu packen? Ich kenne sie doch gar nicht! Das würde ich mir nicht anmaßen!‘
Und genau das ist eine wertvolle HALTUNG für ein gutes Miteinander.
Jede andere Person ist anders als ich. Deshalb ist sie ja die ‚andere’ Person.
Sogar, wenn wir das Gefühl haben auf einer Wellenlänge zu sein. Und unsere Auffassung über die andere Person entsteht aus unserem eigenen Eindruck, unserem Erleben. Es ist meine subjektive WAHRHEIT, nicht einmal objektiv, schon gar nicht die Wahrheit meines Gegenübers. Ohne dass wir es merken, setzten wir voraus, dass wir wissen, was unser Gegenüber fühlt, denkt, will, wünscht.
Klar, wir laufen so Gefahr, dass wir über die erste Orientierung hinaus uns damit gegenseitig blockieren, missverstehen.
Deshalb ist das Miteinander, der offene und neugierige Austausch über das jeweilige Erleben, die unterschiedlichen Erfahrungen so entscheidend für eine gute Zusammenarbeit.Und zusätzlich ist jede/r von uns ja auch selber im besten Fall in verschiedenen ENTWICKLUNGSPROZESSEN. Auf der anderen Seite gibt es überdauernde MOTIVE, WERTE & EIGENSCHAFTEN, die uns individuell ausmachen, häufig unser ganzes Leben. Um diese zu erkennen, braucht es eine gute BEOBACHTUNGSGABE, offenen AUSTAUSCH.
From the inside out:
Es hilft dabei die eigenen Muster, Wünsche, Erwartungen zu kennen.
From the outside in:
Und es ist wichtig, sich der ‚Schubladen‘ bewusst zu werden und sich daran zu machen, ein lebendiges Bild unseres Gegenübers entstehen zu lassen, indem wir uns auf dessen Wahrheit einlassen.
Die Diskussion zeigt auch wieder, wie wertvoll es ist, mit Bildern wie ‚Schubladen‘ zu arbeiten, sie jedoch in der Aussage und Haltung zu reflektieren. Genau darauf kommt es auch außerhalb des Workshops an: In die Diskussion gehen, mit klaren Aussagen und griffigen Bildern arbeiten und diese mit dem eigenen Verständnis beschreiben und mit Leben füllen. So können wir alle voneinander lernen und uns besser kennenlernen, uns vertrauen.
Welche Gespräche stehen diese Woche an?
- Wie fest ist die Schublade verschlossen, in der mein Gegenüber steckt?
- Woran mache ich das fest?
- Bin ich interessiert, neugierig und beweglich, etwas Neues dazu zu lernen? Was ist der Schlüssel dazu?
- Was mag mein Gegenüber von mir denken?
- Was möchte ich von mir vermitteln?